LUGUGNANO

13. Dezember 2025

(Etymo) Die viel zu breite römische Spur im Etschtal

Im mittleren Etschtal häufen sich Ortsnamen mit der Wortendung AN. Die klassische Ortsnamenforschung will dahinter das römische Suffix ‚-anum‘ sehen, das Eigenschaft und Eigentum anzeigt. Alle die AN-Orte von Eppan bis nach Meran gehen auf Besitzümer, Villen oder Weingüter von „Römern“ mit Namen wie Appian, Leon oder Marius zurück, sagen die ‚Romanisten‘ unter den Sprachforschern. Dieses Strickmuster ist gar zu simpel.

Die römischen Spuren im Etschtal sind zwar breit und ausgefahren, aber darunter und dahinter stecken viel ältere, eben auch keltische Spuren und Ursprünge. Leider sind diese weit schwieriger festzumachen. Aber es gibt drei größere, interessante Fälle: Lana, Marling und Algund.

Heute schauen wir uns Lana an. Pater Josef T. sah in Urkunden, dass für Lana zwei historische Ortsbezeichnungen heraus stechen, die lautlich nichts miteinander gemein haben, und zwar Leunan (und Wortvarianten) auf der einen und Lugugnano (und Wortvarianten) auf der anderen Seite. Salomonisch lässt Tarneller bei Leunan die deutsche Ableitung auf Lahne (Berghang) gelten und bei Lugugnan die römische auf ‚Lucunianum‘, Gut des Lucanius (nach dem Romanisten Schöpf).

Die deutsche Ableitung ist zu banal, um wahr zu sein – aber die römische ist auch nicht besser. Sie folgt dem imperial-christlichen Brauch, Orte und Bauten nach einem, sagen wir, herausragenden „Promi“ zu benennen – ein Schema, das die Caesaren begründet haben und das im Christentum mit der Namengebung von Kirchen und Orten nach Heiligen fortgesetzt wurde. Die Täuschung von „Lucanius“ (und Appian & Co.) liegt darin, dass der römische Personenkult in früheren Kulturen gar nicht üblich war oder gewesen sein muss.

Bei Laugagnanum weist das offensichtlich nichtdeutsche Wort klar auf den Laugen (mächtige Bergspitze oberhalb des Ortes) hin, aber auch auf die altkeltische Stadt Lugano im Tessin. Noch mehr: der altdeutsche Name für Lugano ist Lauis (fast schon Lana) und ihr rätischer Name ist Ligiaun (merkt euch das -aun!) Dann taucht da noch ein Lagauntal bei Kurzras auf und der Lugano-Pass über dem Fleimstal. Schließlich ist uns das deutsche lugen für schauen, Ausschau halten, bekannt, das urverwandt ist mit look, und beide gehen auf ein keltisches Wort für Schauen zurück. Noch Fragen, Watson?

(In der nächsten Folge von Etymo: Die glänzenden Ursprünge von Marling.)