Etymo: Könnten Südtiroler Ortsnamen italienische Renaissance sein?
Wie in der letzten Folge erzählt, sind römischen Quellen wie etwa Bücher von Cornelius Tacitus (56-120) in der Renaissance entstanden, und zwar in den florentinischen Werkstätten des Poggio Bracciolini (1380-1459). Bracciolini betrieb das Fälscherwesen industriell im Dienst der Päpste. Zweck: Das Narrativ der kulturellen und politischen Überlegenheit Roms sollte unanfechtbar und unantastbar sein.
Wenn bisher echt geglaubte Erzählungen vom Hergang der römischen Eroberungen in den Alpen nachträgliche und beschönigte Erfindungen der italienischen Renaissance sind oder als solche angenommen werden könnten, wie wirkt sich das auf die von den Namensforschern behaupteten römischen Ursprünge von deutschen und insbesondere von Südtiroler Ortsnamen aus?
Mit anderen Worten: Hat es vor dem Namensfälscher Ettore Tolomei noch frühere, florentinische Tolomeis gegeben, die den Wirkungskreis des Romanischen durch geeignete Namengebung bis tief ins Deutsche hinein manipuliert haben? Norimberga und Ratisbona lassen grüßen.
Sind C. Maiense (Mais), Pons Drusi (Bozen) und Vipitenum (Sterzing) vielleicht plumpe Fälschungen aus Florentiner Werkstätten? Fragen, denen die poetische Muse gerne nachgehen mag.
Übrigens wird Tolomeis Zeitschrift „Archivio per L’Alto Adige“ bis heute in Florenz (!) herausgegeben.
(In der nächsten Folge von Etymo: Die römische Spur im Etschtal)