Alle Süßigkeiten des Innsbrucker Lebens…
Innsbrucker Stadtpost.
Themometerstand um 8 Uhr Morgens 12 Grad Kälte.
Seit gestern behauptet der Nikolaus-Markt sein althergebrachtes Recht, obwohl die „Christbaum-Bescherungen“ auch hier von Jahr zu Jahr mehr in Schwung kommen. Trotz der Kälte wimmelt der obere Stadtplatz von Käuferinnen und Käufern, und in allen Artikeln, womit man kleine und große Kinder erfreuen kann, werden nicht unbedeutende Geschäfte gemacht.
Alle Süßigkeiten des Innsbrucker Lebens stehen hier zu Gebote; künftige Kriegshelden finden Armaturen und Armeen, erstere freilich nur von Holz — letztere von Zinn oder geschnitzt; muthmaßlich künftige Hausmütterchen finden an Puppen und Kochgeschirren Gelegenheit, sich in stiller Häuslichkeit zu üben; für „geistige“ Bedürfnisse sorgen die Buchhandlungen und die – Liqueur-Fabrikanten, und wer nicht gut thun will, den holt der „Klaubauf“, welcher in Wien „Krampus“ betitelt wird.
Der Zwetschgen-Klaubauf ist ein altes österreischisches Kulturgut.
Dieser „Klaubauf-Krampus“ ist eine fürchterliche Personifizirung des bösen Prinzips, aus sauern gedörrten Zwetschken und Baumbart zusammengestoppelt; mit scharlachrother heraushängender Zunge lechzt er nach seinen Opfern, die Hörner auf seinem mißgestalteten Kopfe imponiren selbst leichtsinnigen Zweiflern an seiner Infernalität, die Zuchtruthe aus Birkenreisig in seinen Klauen mahnt an die materielle Vergeltung böser Thaten, und wer nicht unversehens ein Opfer des Klaubauf werden will, thut wohl daran, sich von einem Nikolausmarkte zum andern so aufzuführen, daß nur erfreuliche Gaben desselben ihn heute Abends überraschen, und Herr Klaubauf in den Händen seiner Verkäufer ärgerlich zurückbleibt.
Bei beginnender Dunkelheit , wo die zahlreichen Marktstände und Verkaufs-Tische im Lichterglanze flimmern, gewährt ein Besuch des Nikolaus-Marktes das meiste Interesse, da zu dieser Zeit die schöne Mädchenwelt Innsbrucks mit wichtiger Heimlichkeit von Bude zu Bude, von Tisch zu Tisch sich drängt, um nach Geschmack und Gefallen unter den zahllosen Gegenständen auszuwählen, was sie als Gerschenk oder Neckerei – für theure Angehörige zu spenden wünscht.
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Innsbrucker Nachrichten. Dritter Jahrgang. No 281 – Freitag, 5. Dezember 1856 – Quelle: digital.tessmann.it
BILD
KOCHEN & KÜCHE https://www.kochen-kueche.com/rezept/zwetschkenkrampusse
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