SPEISEN VOR WEIHNACHTEN

12. Dezember 2025

Die Speisekarte im Geist der Zeit. Eine Gastrokritik.

Vor Weihnachten geht das große Essen los der Firmen und Vereine. Eine Speisekarte der Zweitausend-Zwanzigerjahre zeigt auf, was die typischen Vorlieben und Lieblingsworte der lokalen, mittelständischen Feinschmecker sind.

STARTER heißt es jetzt und nicht mehr Gruß aus der Küche oder Amuse-gueule, nein, nein. Und, was startet? Aperitif mit Fingerfood. Hoffe, da fischt keiner einen Finger aus seinem Proseccoglas.

SMALL geht es weiter. Früher war das Vorspeise oder Primo. Was kommt? Ein schmooles Kürbiscremesüppchen. Süppchen, wie niedlich – o, ist wohl zu deutsch. Schnell her mit der mediterranen Begleitung: „Salbei | Amarettini | alter Balsamico“. Notabene, „alter“ Balsamico.

MAIN. Nicht der durch Frankfurt, es ist der Hauptgang (main dish). Was tut man nicht alles, um die lästige Zweisprachigkeit (deutsch/italienisch) wegzuräumen. Hauptgang ist nun das Filet vom Südtiroler Rind. Der Maître versucht nicht an zu schreiben und begnügt sich mit dem Strichstakkato Topinambur | Lardo di Colonnata | Schalottenjus.

ODER. Wer nicht weiß, was all diese Wörter bedeuten, oder für die Dame, die sowieso kein Fleisch mehr isst, steht jetzt ein breites ODER (nicht OR) auf der Speisekarte. Ein Ofenkürbis ist es, begleitet von Ziegenkäse vom Halsmannhof | rote Zwiebel | Mandel. Bald wird da „Mandel vom Mendelpass“ stehen müssen, – denn wer diese Speisekarte schick und toll findet, der glaubt auch an die menschengemachte Klimaerwärmung.

SWEET abschließen tun wir das ländliche Christmas Dinner mit einem Apfel Tarte Tatin | Marsala | Vanille. Wie viele Gäste das nasale Ä bei Tatin wohl hinkriegen?