Gewerkschaften sind gestern

21. Oktober 2025

Die neue Zeit gehört den Initiativgruppen. Die Gewerkschaften sind zu Zünften erstarrt.

Die Zünfte bestimmten bis in die späte Neuzeit hinein, wer welchen Beruf wo und in welcher Art ausüben durfte. Was als Schutz für Ansässige, eigene Rohstoffe und Meisterhandwerk über lange Zeit hervorragend funktionierte, wurde mit der Globalisierung, die durch die Ausbeutung des amerikanischenKontinents wie ein Sturm über Europa zog, zunehmend als Einschränkung und Fessel erlebt. Von allen Zünften, Gilden und sonstigen Einschränkungen befreit, wuchs die Wirtschaft ins Gewaltige. Die in Scharen vom Land in die Fabriken gezogenen Arbeiter mussten draufkommen, dass sie dem Lohndiktat der Herren schutzlos ausgeliefert waren. Es bildeten sich die Gewerkschaften und ihnen nahestehende Parteien, zeitlich und qualitativ voran die Sozialdemokratie. Ab 1848 begann der stetige Aufschluss der Arbeiterklasse zu Sicherheit und Vollbeschäftigung in einem ausgebauten Wohlfahrtsstaat. Diese Epoche erfuhr ihre Sättigung Mitte der 1970er Jahre, ihren Knick 1980 (Kreisky).

Die alte „Arbeiterklasse“ (samt Parteien) war zum Besitzstandsverwahrer der gewonnenen Rechte und Errungenschaften geworden. (die „ruhige Hand“ Schröders, Jahr 2000). Durch die Masse ihrer Mitglieder und Wähler, durch eiserne Organisation und Medienmacht bestimmte Rot die Haushalts- und die Wirtschaftspolitik des Staates. (Politisch nennt man das „Mitte-Links“). Doch im Hintergrund vollendete sich die Metamorphose der Gewerkschaften zu dem, was die Zünfte im Mittelalter gewesen waren. Mit dem sektoriellen Vertretungsmonopol (Tarifhoheit) zementieren sie bis heute einen undurchlässigen Kanal von der Parteipolitik zum ergebenen Lohnempfänger. Wie das Zünfte tun. Schwindende Mitgliederzahlen, Arbeiter und Angestellte, die in Scharen Kickl, Meloni und Weidel wählen, zeigen unmissverständlich an, dass die Zeit der Beton-Gewerkschaften abläuft.

Ausgerechnet in diesem heurigen Jahr 2025 können wir in Sytirol aus nächster Nähe den Einbruch der Epoche der Arbeiter-Gewerkschaften erleben. Und zwar mit dem aktuellen Lohnkampf des mittelständischen Schulpersonals (Lehrer) gegen ihren Arbeitgeber, die Landesregierung. Die Lehrer lassen die Gewerkschaften kalt links liegen und bringen ihre Forderungen zielstark mit zwei Initiativgruppen voran, die sich aus ihrer Mitte gebildet haben. Schon bei den endlosen Verhandlungen zum Kollektivvertrag der „Öffentlich Bediensteten“ der „Autonomen Provinz Bozen“, wie Sytirol amtlich heißt, haben die Gewerkschaften gezeigt, dass sie nicht mehr das Gelbe vom Ei sind, wenn es um die Durchsetzung von Arbeitnehmerinteressen geht. Zu verschachtelt, zu viel Sonderinteressen, kurz, zu viel Zunft.

Die neue Zeit scheint jenen Berufen zu gehören, die aufgrund von fehlendem Nachwuchs ihren Besitzstand vergolden können. So zumindest ist ein Tierarzt zu verstehen, der im Kielwasser der Lehrer nun auch davon spricht, dass es bald kein Schnitzel auf dem Teller mehr geben wird, wenn er nicht mehr Geld vom Arbeitgeber Politik bekommt. Tage vorher stand großmächtig in der Zeitung, dass 2026 der größte Landeshaushalt aller Zeiten anstehe. Frohe Jagd alsdann! Danke. Waidmanns Heil!